Dienstag, 16. Mai 2017

American Gods: Staffel 1, Folge 2 - Rezension

- Der folgende Text enthält Spoiler - 


Nachdem die erste Folge (hier kommt ihr zur Rezension) voll von verrückten Geschehnissen war, geht es ähnlich verwirrend in der zweiten Episode weiter. Es tauchen noch mehr Götter auf und man verlässt die normale Welt Stück für Stück. Shadow Moon (Ricky Whittle) weiß immer noch nicht, dass die skurrilen Personen um ihn herum in Wahrheit Götter sind. Eine der neuen Göttinnen will Shadow abwerben. Außerdem fängt man an, erste Schritte von Mr. Wednesdays (Ian McShane) Plan zu erkennen. Dafür setzt Shadow sogar sein Leben aufs Spiel.

Kurzer Ausstieg

Der Prolog der zweiten Folge spielt dieses Mal im Jahre 1697. Hier taucht ein weiterer Gott auf, der sich Mr. Nancy nennt und der afrikanische Gott des Schabernacks ist. Er erscheint Sklaven, die sich auf einem Schiff nach Amerika befinden. Der Gott bringt sie dazu, es nieder zu brennen, obwohl sie dabei selber sterben. Im Gegensatz zum Prolog der Pilotfolge erscheint dieser Gott auch in physischen Formen, während der Gott der Wikinger nie in Erscheinung getreten ist. Mr. Nancy wechselt dabei zwischen der Gestalt einer Spinne und der eines Menschen.
Shadow hat genug vom Wahnsinn
Foto: starz
Die Folge "The Secret of Spoons" bildet einen fließenden Übergang zum Ende der Pilotfolge. Dadurch kann man sich noch einmal das beunruhigende Ende ins Gedächtnis rufen, bei dem Shadow nur knapp mit dem Leben davongekommen ist. Nach der Konfrontation mit dem Gott der Technik (Bruce Langley) hat er verständlicherweise kein Interesse mehr daran, für Mr. Wednesday zu arbeiten. Der lässt ihn vorerst gehen und Shadow zieht sich zurück in sein - oder vielmehr Lauras - Haus, um ihre Sachen zusammenzupacken. Hier spürt man noch einmal seinen Verlust und seine Wut. Laura taucht in einer Vision auf und behauptet, sie wäre doch gar nicht tot. Wieder eine interessante Anspielung, die an die Szene auf dem Friedhof aus der letzten Folge anknüpft. 
Wie schon zu erwarten, lässt Mr. Wednesday Shadow nicht allzu lange in Ruhe. Er wartet vor dem Haus auf ihn und bringt ihn erneut dazu, für ihn zu arbeiten. Hier kommt es doch etwas überraschend, wie schnell Shadow wieder mit an Bord ist. Der alte Gott redet kurz mit ihm und in der nächsten Szene sieht man beide schon zusammen im Auto sitzen. 
Ein Detail in diesen Szenen: Shadow trägt ein T-Shirt, auf dem der Umriss eines Büffels zu erkennen ist. Das ist eine nette kleine Anspielung auf die Begegnung mit dem Büffel aus der ersten Episode.

Alle wollen Shadow

"Media" will Shadow überzeugen
Foto: starz
Als Shadow einige Besorgungen in einem Supermarkt macht, wird er von einer Fernsehfigur (Gillian Anderson) aus dem TV heraus angesprochen. Es handelt sich dabei um Lucy Ricardo, eine Figur aus der amerikanischen Sitcom "I Love Lucy", die tatsächlich existiert und keine Erfindung von "American Gods" ist. Sie erscheint auf allen Bildschirmen im Laden und redet mit ihm. Dabei gibt sie ihm vage Hinweise auf die Welt, in die Shadow gerade hineinrutscht und will ihn ebenso wie Mr. Wednesday anheuern. Sie wird einfach "Media" genannt und ist die Göttin des Fernsehens. Gillian Anderson als "Lucy" bzw. "Media" ist für mich eines der Highlights der Folge, weil sie diesen Charakter mit Eleganz und Lässigkeit gespielt hat. Ihr Gesichtsausdruck und die Art, wie sie redet, ist für diese Figur passend. Man hat ihr wirklich abgenommen, dass sie eine TV-Charakter aus den 50er Jahren ist. Auch die Art, wie "Media" als TV-Figur erscheint, ist interessant und gut gemacht. 
Shadow scheint also ziemlich beliebt zu sein. Die Frage ist: Warum? Warum versuchen beide Seiten ihn für sich zu gewinnen? Ist Shadow ganz bewusst von dem alten Gott angeheuert worden? Die fehlenden Antworten diese Fragen machen neugierig auf die weiteren Folgen. Nach dem "Besuch" von Media geht Shadow zurück zu Wednesday, der gerade ein Gespräch mit einem Dschinn (Mousa Kraish) beendet. Shadow will endlich Erklärungen für die merkwürdigen Ereignisse, doch der Gott macht weiterhin nur vage Andeutungen, die alles und nichts bedeuten können ("The world is either crazy or you are."). Somit ist der junge Protagonist weiterhin ahnungslos. Er weiß nicht, dass Götter existieren und er mittendrin in einem wachsenden Konflikt zwischen ihnen steht. Wann wird er endlich eingeweiht, wo er doch schon so einiges mit ansehen und erleben musste? 

Mr. Wednesday und die Mobiltelefone

In einer der lustigsten Szenen dieser Folge streiten Shadow und Mr. Wednesday über Handys. Shadow hat bei seinen Besorgungen eins für seinen Arbeitgeber gekauft. Doch der ist daran kein bisschen interessiert, er ist vielmehr empört, dass Shadow überhaupt auf diese Idee gekommen ist. Hier kann man sehr gut sehen, wie weit der Hass von Mr. Wednesday auf die neuen Götter reicht. Verständlich, denn ohne solche Geräte würde es die neuen Götter, die immer relevanter werden, gar nicht erst geben. Den Dialog zu verfolgen hat wirklich Spaß gemacht, denn es kommt zu einem richtigen Schlagabtausch zwischen beiden.
Mr. W.: "I don't want one."
S: "Well, you need one. What if someone wants to talk to you?"
Mr. W.: "Why the hell would I want to talk to anyone?"
S: "Okay, what if I need to talk to you?"
Mr. W.: "Try shouting. Or in a pinch .. a telegram."
Besonders gut wird es, als Mr. Wednesday das Handy zusammen mit Shadows Smartphone einfach aus dem Auto wirft, um seinen Standpunkt deutlich zu machen und danach eine leidenschaftliche Rede über alte Wege der Kommunikation hält. Diskussionen wie diese lockern die Stimmung auf und geben der Serie fast so etwas wie Normalität. Sie machen Lust auf die weiteren Folgen, in denen so etwas hoffentlich noch öfter vorkommt. 

Spiel um Leben und Tod

Der Gott und sein Bodyguard fahren nach Chicago, um den Gott des Bösen, Czernobog (Peter Stormare) zu treffen, den Wednesday für den kommenden Kampf gegen die neuen Götter mit auf seiner Seite haben will. Der Besuch gehört wieder zu den verrückten, aber auch interessanten Teilen der Serie. Man trifft zum einen auf den Gott des Bösen, der seine "Kunst" des Tötens ("To give a good death is art.") nur noch als Viehschlachter ausüben kann. Im Wohnzimmer hängt der Hammer, mit dem er zehntausende Menschen erschlagen hat, wie eine morbide Dekoration. Doch er lebt nicht allein, sondern mit "Familie". Es sind drei Schwestern, wovon man in dieser Folge nur zwei sieht. Hier gibt einem die Serie nicht viel, um zu verstehen, wer genau diese Schwestern sind. Einerseits weckt das die Neugier, anderseits lenkt es beim Anschauen immer wieder ab, weil man darüber nachdenkt, welche mythologischen Figuren man nun vor sich hat. 
Dieser Gott spielt gerne "Dame"
Foto: starz
Shadow ist mittlerweile an dem Punkt angelangt, an dem er den Wahnsinn um sich herum einfach hinnimmt. Doch er scheint es auch nicht mehr ernst zu nehmen ("[...] and if there's a world under a world ... f**k it."). Als der Gott des Bösen mit ihm um seinen Tod wettet, willigt er tatsächlich ein. Diese Szene, in der die beiden "Dame" gegeneinander spielen, ist voll von Anspannung. Man rechnet beinahe jeden Moment damit, dass Czernobog den Hammer einmal hebt und Shadow einfach an Ort und Stelle den Schädel einschlägt. Auch Shadows Unwohlsein ist an vielen Stellen sehr greifbar. Peter Stromare spielt hier wirklich gut den bösen Gott. Er wirkt vollkommen unberechenbar und beängstigend. Besonders viel Gänsehaut gab es bei mir, als er das Lied über das Geheimnis der Löffel singt und dabei lässig "Dame" spielt. 
Shadow verliert das "Dame"-Spiel und soll bei Sonnenaufgang mit dem Hammer erschlagen werden. Und genau an dieser Stelle begrüßt einen der Abspann. Die Serie weiß auf jeden Fall, wie sie einen beim Haken halten kann. Ich bin wirklich gespannt darauf, wie diese Szene in der nächsten Folge aufgelöst wird.

Fazit

Auch die zweite Folge bietet wieder viele kuriose Auftritte, aber auch einige spannende Momente. Die Liste mit Fragen wächst währenddessen stetig weiter, beantwortet wurde noch nicht wirklich etwas und Erklärungen gibt es ebenso wenig. Besonders die verschiedenen Götter werden in Szene gesetzt, ohne vorgestellt zu werden. Man muss nach jeder Folge schon selber recherchieren und sich mit der Mythologie auseinandersetzen, um zu wissen, welche Götter hinter den Figuren stecken. Selbst das ist nicht immer leicht, wie bei den Schwestern. Die Serie überzeugt dennoch weiterhin mit genau diesen Charakteren, die alles andere als normal sind. Und in den weiteren sechs Folgen werden hoffentlich einige Antworten gegeben.
Wer sich auch für diese Serie begeistern kann und findet, acht Episoden sind doch recht wenig, kann sich freuen: "American Gods" wurde schon jetzt für eine zweite Staffel erneuert!


Eine Liste mit allen Rezensionen zur Serie und einem Rückblick auf die gesamte Staffel "American Gods" findet ihr hier. 
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