Freitag, 23. Februar 2018

Beck is back! - Rezension

Seit Ende Januar zeigt RTL dienstags zwei eigenproduzierte Comedy-Serien. Auf "Sankt Maik" sind wir bereits in einem früheren Post eingegangen (hier geht es zu unserer Rezension). Nun geht es um "Beck is back!". Normalerweise rezensieren wir ausschließlich vollständige Staffeln, weil man nie sicher sein kann, ob die Folgen nicht qualitativ signifikant ab- oder zunehmen. Da RTL die Episoden allerdings nur 30 Tage nach Ausstrahlung gratis zur Verfügung stellt, haben wir uns entschlossen, eine Ausnahme zu machen und schon nach der ersten Hälfte der Staffel eine Kritik zu schreiben. Falls ihr die Serie also nicht kennt, könnt ihr sie momentan noch kostenlos von Anfang an gucken

Hannes Beck (Bert Tischendorf) hat zwar Jura studiert und beide Staatsexamen bestanden, aber nie als Anwalt gearbeitet. Stattdessen ist er glücklicher Hausmann und kümmert sich um seine vier Kinder Lena (Deborah Schneidermann), Luca (Louis Christiansen), Oskar (Oskar Weiss) und Emma (Jolina Uhrig), während seine Ehefrau Kirsten (Annika Ernst, ermittelt dienstags zeitgleich bei Sat.1 als Kommissarin in "Einstein") Karriere macht. Durch eine missglückte Überraschung erfährt Hannes, dass ihn seine Liebste mit ihrem Kollegen, dem Staatsanwalt Marius Wachta (René Steinke, Pastewka), betrügt. Der gehörnte Ehemann zieht mit allen vier Kindern in eine eigene Wohnung und beschließt, wieder arbeiten zu gehen. Als Pflichtverteidiger vertritt er nun Mandanten, die sich keinen Rechtsbeistand leisten können. Ernüchtert muss der frischgebackene Single jedoch feststellen: Seine Jura-Kenntnisse sind mittlerweile veraltet und ihm ist die fehlende Praxis deutlich anzumerken. Da trifft es sich gut, dass seine neue Putzfrau Jasmina Božic (Andreja Schneider) in ihrer Heimat Kroatien als Richterin gearbeitet hat. Fortan unterstützt sie Beck als Anwaltsgehilfin. Als erste Amtshandlung organisiert sie ihrem neuen Chef ein eigenes Büro - in der Abstellkammer eines Schnellimbisses.


- Die Rezension bezieht sich ausschließlich auf die ersten fünf "Beck is back!"-Folgen -

Tolle Protagonisten in dröger Handlung

Jasmina ist der nicht-so-heimliche Star der Serie
Foto: RTL
Vier Jahre ist es her, dass Danni Lowinski in der gleichnamigen Sat.1-Serie an einem Klapptisch gesessen und ihre Rechtsberatung für einen Euro pro Minute angeboten hat. Mit Hannes Beck gibt es nun wieder einen Anwalt, der für das Recht der kleinen Leute kämpft. Immerhin hat er es leichter als Danni: Durch Ehefrau und Studium kennt er bereits einige seiner neuen Kollegen und muss auch nicht um Mandanten kämpfen, da sie ihm vom Gericht zugeteilt werden. Dabei hat er stets großes Glück, denn seine Klienten sind grundsätzlich entweder unschuldig oder waren nicht in vollem Umfang am Verbrechen beteiligt. So gewinnt der Berufseinsteiger einen Fall nach dem anderen. Schön für ihn, langweilig für den Zuschauer, da die Folgen dadurch nicht wirklich spannend sind. Interessant sind lediglich Becks und Jasminas unorthodoxe Methoden, den Tathergang zu rekonstruieren. Die letztendliche Aufklärung ist dann nur eine Formsache, da bereits zu Beginn klar ist, dass der Mandant sowieso auf freiem Fuß bleibt. Das ist besonders schade, da Hannes Pflichtverteidiger im Bereich Strafrecht ist und damit die schweren Verbrechen wie Mord, Totschlag und Entführung betreut. Es gäbe dementsprechend viele Möglichkeiten, wie die Fälle ausgehen könnten, leider werden sie verschenkt. Während es bei den Fällen noch hapert, ist die persönliche Geschichte des Protagonisten deutlich interessanter.
Hannes (2.v.r.) bringt Familie & Job unter einen Hut
Foto: MG RTL D/Conny Klein
Hannes ist ein vielschichtiger, moderner Charakter, wie man ihn ihm Fernsehen noch viel zu selten findet. Er hat sich gegen die Karriere und für seine Kinder entschieden, ist mit der Wahl aber nie unzufrieden gewesen. Plötzlich muss er sich und vier Sprösslinge alleine ernähren, dazu noch Jasmina bezahlen. Dennoch will er von seiner Exfrau nicht mehr als den gesetzlich geregelten Unterhalt und den Rest selbst verdienen. Hausfrauen, die nach der Untreue ihres Mannes mit den Kindern alleine dastehen, gab es im Fernsehen schon häufiger. Die umgekehrte Rollenverteilung ist eine willkommene Abwechslung, vor allem da nicht auf ihr herumgeritten wird. Zwar bekommt Hannes zu Beginn ein paar schiefe Blicke, doch im Großen und Ganzen werden er als Vollblut-Papa und Kirsten als Karrierefrau von ihrem Umfeld akzeptiert. Selten habe ich familiäre Szenen gesehen, die so natürlich und ungezwungen wirken, wie die zwischen Hannes und seinen Kindern. Das liegt vor allem an Hauptdarsteller Bert Tischendorf. Er spielt seine Rolle als Vater so überzeugend, als würde es sich bei der Rasselbande tatsächlich um seine eigenen Sprösslinge handeln. Die tolle Chemie und der lockere Umgang zwischen ihm und den Nachwuchsschauspielern ist eine von zwei großen Stärken der Serie. Die andere ist Jasmina. Die kroatische Ex-Richterin ist mit ihrer sympathischen, resoluten Art und ihrem Charme das Highlight jeder Folge. Ihre spontanen Undercover-Einsätze sind sehr amüsant und hätten ein eigenes Spin-Off verdient. Obwohl die Figur aufgedreht und leicht überzeichnet ist, bewahrt sie sich trotzdem eine gewisse Bodenständigkeit, die vielen anderen Charakteren leider fehlt.

Verliebte Barbie trifft auf Klischee-Bösewicht 

Susanne (l.) und Wachta (r.) sind eindimensional
Foto: RTL
Zwei Negativbeispiele sind Kirstens neuer Freund, der Staatsanwalt Marius Wachta und Susanne (Julia Dietze), Becks Flamme aus Studienzeiten. Letztere ist schlicht und ergreifend langweilig. Ihre einzige Funktion ist es, das Objekt von Hannes' Begierde zu sein. Mit verträumter Stimme und glasigem Blick läuft sie durchs Gericht und wirkt beim besten Willen nicht wie eine erfolgreiche Familienanwältin. Die Rolle ist sehr unausgereift - als sei sie in letzter Sekunde ins Drehbuch geschrieben worden, um eine romantische Nebenhandlung zu erzwingen. Susanne hat nicht wirklich viel Persönlichkeit und über ihr Leben außerhalb der Schwärmerei für Beck erfährt der Zuschauer nur sehr wenig. Staatsanwalt Wachta ist sogar noch simpler und eindimensionaler. Er tut nichts anderes, als Beck vor Gericht das Leben schwer zu machen und den Fall schließlich kolossal zu verlieren. Eigentlich kann man ihn nur als Karikatur bezeichnen, da er sich einfach nicht wie eine echte Person verhält. Bei Gerichtsverhandlungen erinnert er Beck stets daran, dass er mit dessen Frau schläft. Seine hämischen Kommentare sind in keinster Weise lustig, sondern einfach nur dumm und platt. Damit der Zuschauer versteht, dass die Sprüche eigentlich amüsant sein sollten, lacht der Staatsanwalt selbst übertrieben laut und künstlich. In einer Szene wiegt er sich dabei vor und zurück - als sei er der Bösewicht in einem Kinderfilm. Für eine Comedy-Serie ist "Beck is back!" tatsächlich nicht sehr lustig. Die Stellen, an denen ich herzhaft gelacht habe, kann ich an einer Hand abzählen. Das ist nicht unbedingt schlecht, da die Sendung viele ernste Themen, wie beispielsweise Vergewaltigung, behandelt und Humor in diesen Szenen fehl am Platz wäre. Leider gibt es jedoch viele Versuche amüsant zu sein, die mehr oder weniger scheitern. Wachta und seine peinlichen Sprüche sind ein Beispiel. Ein anderes sind die ewigen Running Gags, die schnell langweilig werden. So wird gefühlt in jeder Episode ein halbes Dutzend Mal darüber gewitzelt, dass Beck und Jasmina nach Grillhähnchen riechen. Außerdem bricht Hannes in jeder Folge nachts in ein Schwimmbad ein und zerreißt sich dabei seine Kleidung. Nach der fünften oder sechsten Wiederholung ist der Humor einfach ausgelutscht. Situationskomik wie bei "Sankt Maik" gibt es leider auch nur begrenzt - die meisten Szenen bei "Beck is back!" eignen sich wegen der ernsten Themen einfach nicht dafür. Auch hier ist Jasmina ein Lichtblick. Sie schafft es, selbst die vermeintlich alltäglichste oder tiefgründigste Situation durch eine witzige Anmerkung oder eine kecke Bemerkung in Richtung Hannes aufzulockern.

Fazit - nach fünf von zehn Folgen

"Beck is back!" ist die schwächere der beiden neuen RTL-Eigenproduktionen am Dienstag. Das liegt vor allem an den einseitigen, überzeichneten Nebencharakteren. Den meisten von ihnen fehlt es an Substanz und Glaubwürdigkeit, sodass es für den Zuschauer schwierig ist, eine Bindung zu ihnen aufzubauen. Außerdem will der teils sehr platte und simple Humor der Serie nicht zu den ernsten Themen passen, um die es im Strafgericht geht. Die persönliche Geschichte der titelgebenden Hauptfigur und die Beziehung zu seinen Mitarbeitern und seinen Kindern sind deutlich bodenständiger. Die besten Szenen sind mit Abstand die, in denen sich die beiden vielschichtigen und ungewöhnlichen Protagonisten Paroli bieten. Während sich "Sankt Maik" zu sehr auf seinen Hauptcharakter und zu wenig auf das Ensemble konzentriert, ist es bei "Beck is back!" genau umgekehrt. Hier wäre es wünschenswert, einige Nebenfiguren zu streichen und den Fokus stattdessen stärker auf Beck, seine Familie und seine Mitarbeiter zu legen.


Habt ihr "Beck is back!" schon gesehen? Wenn ja: Was hat euch besonders gefallen, was nicht? Teilt eure Meinung gerne mit uns in den Kommentaren!

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3 Kommentare:

  1. So, nach der ersten Staffel muss ich sagen, alles in allem ziemlich meh. Der Cliffhanger am Ende der Staffel ist problematisch, weil... ich mich schlicht und ergreifend nicht mehr daran erinnern kann. Warum soll ich jetzt noch mal wieder einschalten?

    Und eine weitere problematische Figur ist sicherlich Kirsten. Ich hatte auch ihren namen eigentlich schon wieder vergessen, einfach weil sie nichts halbes und nichts ganzes ist. Mal ganz ehrlich: Was für Emotionen sollen wir als Zuschauer für sie empfinden? Sicherlich keine Sympathie, aber andererseits kann man sie auch nicht wirklich hassen. Denn dafür ist sie einfach genau wie ihr Lover viel zu unfähig. Ich bin ihr gegenüber emotional komplett indifferent und somit eben auch letztendlich dem staffelübergreifenden Plot um den Sorgerechtsstreit. Hieß es nicht eigentlich, sie wäre irgendwie kompetent oder so?!?

    Ich hätte an ihrer Stelle eine kompetente und absolut manipulative Bitch erwartet, die gut darin ist, die anderen gegeneinander auszuspielen. Wollte sie nicht in die Politik? Ein guter Cliffhanger wäre zum Beispiel gewesen, wenn nicht nur das Gericht zugunsten ihr bzgl. des Sorgerechts entschieden hätte, sondern sich zusätzlich am Ende auch noch alle Kinder dafür entschieden hätten, bei der Mutter leben zu wollen - eben weil die gute Superpolitikerin nicht nur einfach mehr Praxiserfahrung in juristischen Dingen hat, sondern auch noch besser darin ist, andere für ihre Zwecke zu manipulieren und dabei auch vor ihren eigenen Kindern nicht zurückschreckt.

    So eine Figur ist es, die mich emotional aufwühlt. Eine starke Figur, die ich mit jeder Faser meines Körpers hasse und die ich fallen sehen will - um jeden Preis! und genau sowas hätte es hier gebraucht. Stichwort: Fallhöhe. Denn die ist hier absolut nicht gegeben. Ich habe nicht das Gefühl, als ob es wirklich eine ernstzunehmende antagonistische Kraft gäbe und als ob die Protagonisten - hier Beck - wirklich irgendetwas verlieren könnten. Irgendwie schaffen sie's schon. Doch wenn ich das im Vorfeld weiß, wieso soll ich dann weiterschauen...?

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    1. Hallo OnePieceObsessed,
      da kann ich dir nur vollumfänglich zustimmen! Mal abgesehen davon, dass Kirsten sehr wankelmütig und so gar keine bedrohliche Antagonistin ist, fand ich es auch extrem unglaubwürdig, dass sie und Hannes es mehrere Jahre miteinander ausgehalten haben sollen. Die beiden sind so unterschiedlich, dass ich mir einen normalen Alltag bei ihnen beim besten Willen nicht vorstellen kann. Die ganze Beziehung wirkte einfach nur konstruiert - wie alle Beziehungen mit Ausnahme von der zwischen Hannes und den Kindern.
      Ich habe die Serie letztendlich nach Folge 7 abgebrochen, weil ich mich mehr geärgert habe, als dass ich Freude an der Geschichte hatte. Da sind mir "Sankt Maik" und "Jenny" deutlich lieber!

      Danke übrigens für deinen ausführlichen und interessanten Diskussionsbeitrag! :)

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    2. So, nach ein paar Folgen von Staffel 2 kann ich sagen, die Serie ist schlicht und ergreifend nicht gut. Aus dem simplen Grund, dass die Autoren einfach nicht gut in Sachen Dramaturgie sind und bestimmte dramaturgische Prinzipien einfach komplett ignorieren.

      Zuerst einmal haben die Hauptcharaktere keine Schwächen. Sie machen keine Fehler und haben demzufolge aus keiner ihrer Entscheidungen irgendwelche negativen Konsequenzen zu erwarten. Beck schmeißt die älteste Tochter für das Kindermädchen und offensichtliches Love Interest aus ihrem eigenen Kinderzimmer (in einer Folge, die eigentlich Privatsphäre thematisieren sollte), whatever, zwei Szenen später ist alles einfach vergessen. Beck und Yasmina sind komplett Mary Sue-Charaktere. Es gibt auch absolut keine wirklichen Spannungen zwischen den "guten" Charakteren bis auf die On-/Off-Beziehung mit dem Kindermädchen. Und die Kinder haben eh nicht wirklich Charakter und verkommen komplett zum Plot Device.

      Und weiterhin versagt die Serie komplett in der Art und Weise, wie sie ihre Thematiken behandelt. In einer gut geschriebenen Serie haben Subplots eine von 2 Funktionen: Sie werden Teil des Hauptplots oder sie zeigen eine Parallele auf. Das geschieht bei Beck is back! schlicht gar nicht (oder nur sehr, sehr oberflächlich). Es fehlt auch einfach komplett die nicht oberflächliche, substanzielle Auseinandersetzung mit dem Thema.

      Ein gutes Beispiel ist die Folge "Gaffer", in der es offensichtlich um Privatsphäre geht. Spielt der Subplot, in dem Beck die Privatsphäre seiner Tochter mit Füßen tritt, irgendeine Rolle. Er GAFFT auch unerlaubt auf ihr Handy, somit schreit das Ganze regelrecht danach, irgendeine tiefere Bedeutung zu haben. Aber nein, dann würden die Kinder ja vielleicht mal eine wichtige Rolle im großen Ganzen spielen - oder noch schlimmer - Beck wäre als menschliches Wesen nicht mehr perfekt und hätte so was wie Charakterschwächen...

      Und Kirsten ist immer noch genauso intrigant und daher berechenbar und vorhersehbar - ergo komplett langweilig.


      Beck is back! ist einfach the very poor man's Good Wife, da The Good Wife einfach alles, was Bib macht, in viel besser macht. (auch wenn der Vergleich ein bisschen hinkt, da The Good Wife nicht als Comedy/Dramedy konzipiert ist.)

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